Die 21. gemeinsame Exkursion des Naturwissenschaftlichen Vereins Goslar e.V. und des Botanischen Arbeitskreises Nordharz e.V. führte in das Tal der Innerste nördlich von Langelsheim. Ziele waren die Naturschutzgebiete (NSG) „Schlackenhalde Bredelem“ und „Mittleres Innerstetal mit Kanstein“. Unter Leitung von Dr. Florenz Sasse und seiner Gattin wurden Lebensräume und Arten beider NSG, die heute auch im Rahmen von Natura 2000 eine wichtige Rolle spielen, aufgesucht.

Mit einer sehr inhaltsreichen Einführung zur Geschichte des Standortes, zur Entstehung der Schlackenhalde, ihrem Bewuchs mit Moosen, Flechten und höheren Pflanzen mit den verschiedenen Stadien und zur Physiologie der Schwermetalltoleranz wurden die zahlreichen Teilnehmer (26 Personen) beider Vereine von Dr. Sasse auf den ersten Exkursionspunkt eingestimmt. Danach wurden exemplarisch wichtige Arten vorgestellt. Die wichtigen höheren Pflanzen („Metallophyten“) konnten alle gezeigt werden: Gewöhnliche Grasnelke (Armeria maritima subsp. elongata), Frühlings-Miere (Minuartia verna subsp. hercynica), Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris) und Haller-Schmalwand (Arabidopsis halleri [wurde später unterhalb des Kansteins gezeigt]). Hinzu kam eine Reihe von Arten, die eine auffallende Schwermetalltoleranz aufweisen: Schaf-Schwingel (Festuca ovina agg.), Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia), Pfeifengras (Molinia caerulea) u.a.m. Offene Schlackestellen sind vorhanden, Dominanz haben aber die Vergrasungsstadien, die sich infolge von Feinerdeansammlung auf den Schlacken einstellen können. Bemerkenswert sind die ausgedehnten Vorkommen von Molinia caerulea auf den wechselfeuchten bis feuchten Standorten. Haar-Schwingel (Festuca filiformis) als atlantische Art wurde in den Festuca-Beständen auch gefunden. Die „Basisgesellschaft“ auf Schwermetallstandorten ist das Armerietum halleri, das von dem Osterwiecker Botaniker und Pflanzensoziologen Wilhelm Libbert beschrieben wurde.
Schlackebrocken und schwermetallhaltiges Gestein waren besiedelt von Flechtenarten wie Goldgelbe Kuchenflechte (Lecanora subaurea), Kleine-, Vesuv- und Fingerblättrige Korallenflechten (Stereocaulon nanodes, vesuvianum und dactylophyllum), Braune Schwarznapfflechte (Lecidea fuscoatra), diversen Cladonia- und einigen Acarospora-Arten. Die namengebende Art des Acarosporetum sinopicae konnte an diesem Tage nicht gefunden werden. Bemerkenswert ist das z.T. sehr häufige Vorkommen von Pionierarten wie Verdichtete Korallenflechte (Stereocaulon condensatum) und Rosa Köpfchenflechte (Dibaeis baeomyces) auf Erdboden.


Mittleres Innerstetal mit Kanstein (überwiegend 4028/3)
Der weitere Weg führte am Innerste-Ufer entlang in Richtung Kanstein. Im Uferbereich fielen neben anderen Arten Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera), Wilde Engelwurz (Angelica sylvestris), Rote Lichtnelke (Silene dioica) und Wasser-Schwaden (Glyceria maxima) auf. Am Fuße des Kansteins wurde ein beachtlicher Bestand von Moos-Krugflechte (Diploschistes muscorum) gefunden, einer Pionierflechte, die in den letzten Jahren immer seltener geworden ist und in der Roten Liste Niedersachsens mit Katergorie 2 geführt wird. Das Massiv des Kansteins besteht aus plattigem Kalk der Oberkreide und führte damit in einen ganz anderen Lebensraum. Durch Dr. Sasse wurde das Gebiet kurz vorgestellt. Gegenüber Beobachtungen in vorangegangenen Jahrzehnten ist der pflanzengeografisch interessante Bestand an Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea) stark zurückgegangen und nur noch in einer Kuppenrandlage wirklich dominant zu finden.


Der Abstieg führte durch einen Laubmischwald zurück zum Lauf der Innerste. Hier waren als Besonderheiten noch die Gewöhnliche Telekie (Telekia speciosa) und Rosa Storchschnabel (Geranium endressii) als Gartenflüchtlinge sowie die Westfälische Segge (Carex guestphalica) zu beobachten.

Text: Dr. Hans-Ulrich Kison (Bericht des Naturwissenschaftlichen Vereins Goslar – Dr. Florenz Sasse)
Fotos: Dr. Hans-Ulrich Kison und Dorothee Wolf-Dolata